Phase 2
Zeitschrift gegen die Realität
Hass auf Vermittlung und »Lückenphobie«
Zur Aktualität der Psychoanalyse
Der Psychoanalytiker Peter Schneider attestierte der Wissenschaft im Allgemeinen eine »Lücken-Phobie«
umtrieb, die Adorno als treibendes Moment jeglichen Ticketdenkens ausmachte.
Die Psychoanalyse steht für jene Lücken ein, die
negativ darauf verweisen, dass Freiheit möglich ist. Dies werde ich im
Folgenden thesenhaft und mehr oder weniger ausgeführt zur Diskussion
stellen, indem ich eine scheinbar ganz andere Frage zu beantworten
versuche, nämlich die Frage danach, ob, und wenn, warum die
Psychoanalyse wichtig für Gesellschaftskritik ist.
Psychoanalyse und Gesellschaftskritik
Zumindest in bestimmten Kreisen ist es Konsens, dass
es eine gute Sache ist zu versuchen, die subjektive Seite der
gesellschaftlichen Verhältnisse zu verstehen. Was Adorno auch so ähnlich
gesagt hat, kann ja so schlecht nicht sein. Die Selbstverständlichkeit
dieser Annahme bewusst umgehend, werde ich mit dem beginnen, wozu man
die Psychoanalyse zunächst gar nicht braucht, um schnell darauf zu
kommen, warum so schlecht ohne sie auszukommen ist.
Braucht es zur Kritik von Verhältnissen, in denen
der Mensch »ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein
verächtliches Wesen ist«
, also zu einer Kritik, deren Anliegen nicht immer größere Verständlichkeit ist, sondern ihre eigene Abschaffung,
braucht es dazu die Psychoanalyse? Würde es nicht reichen mit Marx
festzustellen, dass kapitalistische Verhältnisse systematisch nicht dazu
eingerichtet sind, ein möglichst gutes Leben für alle zu ermöglichen?
Braucht man die Psychoanalyse um festzustellen, dass das Subjekt, das
hier Geschichte macht bzw. diese feststellt, ein automatisches ist und
dass es schlicht nicht besonders sinnvoll und, wenn man in einer weniger
privilegierten Ecke der Welt geboren wurde, auch schnell tödlich ist,
immer weiter in der zumindest aus der Perspektive des Kapitals »besten
aller möglichen Welten« zu leben? – Anschließend müsste man nur noch
alle anderen davon überzeugen, dass G-G’, vulgo aus Geld immer mehr Geld
machen, kein guter Zweck von Vergesellschaftung ist, dass anstelle von
Produktionsverhältnissen, die den Erfordernissen der Selbstverwertung
des Wertes folgen, Verhältnisse geschaffen werden sollten, in denen die
Produktivkräfte für die Bedürfnisse der Menschen entwickelt und
eingesetzt würden. Dass auf der Welt immer noch gehungert wird, dass der
Mangel, der auch in reichen Industrieländern erfahrbar ist, kein
Naturverhältnis ist, kurz, um naturwüchsig scheinendes Elend als von
Menschen gemachtes und damit auch abzuschaffendes zu kritisieren, dafür
bedarf es sehr wohl einer differenzierteren Argumentation als dieser im
Schnelldurchlauf heruntergerasselten, nicht aber der Psychoanalyse. Um
festzustellen, dass es ein Skandal ist, dass angesichts des
gesellschaftlichen Reichtums zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch immer
Menschen ihr Leben mit dem Versuch des Überlebens verbringen, bedarf es
des Rekurses auf die Psychoanalyse nicht. Und genau hier aber besteht
einer ihrer Einsatzpunkte: Um angesichts dieser Verhältnisse und der
tagtäglichen Konfrontation mit ihrer schier unbegreiflichen Absurdität
und Brutalität weder zynisch noch hilflos wütend und anschließend
depressiv zu werden, weder den nächst besten Menschen wegen irgendwas
anderem anzugehen noch in sinnlosen Aktionismus zu verfallen, weder
alles einfach hinzunehmen und gleich wieder auszublenden noch zu
resignieren, bedarf es der Erfahrung, dass Theorie auch immer eine
Rationalisierung im Sinne einer Abwehr ist. Glückt dies, dann ist das
Abwehrmoment insofern aufgehoben, als Theorie Erfahrung nicht nur als
spezifische konstituiert, indem sie sie auf den Begriff bringt, sondern
es auch möglich macht, sich weder von der eigenen Ohnmacht noch von der
Macht der anderen allzu dumm machen zu lassen. Um angesichts des
grotesken Maßes überflüssigen Leidens nicht dumm zu werden, bedarf es
nicht nur des »vom Haß geschärften Blick[s] auf das Bestehende«, wie ihn
Horkheimer einmal Adorno zuschrieb, sondern auch des Eingedenkens dessen, dass Adorno Begabung als »glücklich sublimierte Wut« bezeichnete und zugleich daran erinnerte, dass Denken »sich auf das Wünschen verstehen müsse«.
Ohne
die Theorie und Praxis der Psychoanalyse allerdings wären solche
Gedanken gar nicht möglich. Kritik bedarf der Psychoanalyse als
Reflexionsmoment.
Vielleicht gäbe es die Psychoanalyse gar nicht, wenn
es der Menschheit gelungen wäre, schon zu Marxens Zeiten zur Vernunft
zu kommen.
Bekanntlich ist das aber nicht geschehen, die
Psychoanalyse ist in der Welt. Nun trägt sie als »einzige, die im Ernst
sich mit den subjektiven Bedingungen der objektiven Irrationalität
befasst«
dazu bei, zu verstehen, wie und warum
Menschen sich diese miesen Verhältnisse zu Eigen machen und zugleich,
wenn auch meist kontrafaktisch, darauf zu insistieren, dass sie dies
nicht müssten, dass Freiheit möglich ist.
Das Fehlen des Gesellschaftsbegriffs in der Psychoanalyse
Eine wichtige Voraussetzung dabei ist allerdings:
Die Psychoanalyse Sigmund Freuds ist nicht nur eine Subjekt- sondern
auch eine Kulturtheorie, aber sie ist keine Gesellschaftstheorie,
zumindest nicht, wenn man den Gesellschaftsbegriff Adornos als
verbindlich ansieht, der auf der Marxschen Kritik der politischen
Ökonomie fußt. Dass Menschen irgendwie zusammenleben, dieses
Zusammenleben gemeinsam veranstalten und sich dabei mit der äußeren und
inneren Natur auseinandersetzen (müssen), das kommt auch bei Freud vor,
er nennt dies »Kultur«. Ein Gesellschaftsbegriff lässt sich bei ihm
allerdings nicht finden. Gesellschaft, als sich gegenüber denjenigen,
die sie hervorgebracht haben, zur Objektivität verselbständigtes
Verhängnis, so Adorno in Kürze, ist nicht Gegenstand der Freud’schen
Psychoanalyse und mit ihren Begriffen auch nicht zu entfalten. Wer aus
der Psychoanalyse einen Gesellschaftsbegriff zu gewinnen versucht,
verkennt, dass es zwar die Einzelnen sind, durch die hindurch sich
Gesellschaft erhält, dass deren »Bewegungsgesetze« aber eben nicht aus
den Handlungen oder gar Sehnsüchten oder Ängsten der Einzelnen
abzuleiten sind. Genauso wie es auch umgekehrt nicht funktioniert: Wenn
Deutsche Deutschland lieben, mag dies für Staat und Kapital in vielerlei
Hinsicht funktional sein, diese Funktionalität ist aber – zumindest in
den allermeisten Fällen – bestenfalls eine Rationalisierung dessen,
warum sie es tun.
Gesellschaft funktioniert nicht wie der psychische
Apparat und Gesellschaftstheorie ist weder ein Traum noch die Erzählung
eines Patienten auf der Couch: Weder kann man von der Psyche der
Individuen direkt auf die gesellschaftlichen Verhältnisse schließen,
noch lässt sich Theorie analog zum Vorgehen der Traumdeutung lesen.
Was Adorno bezüglich Freud konstatierte, dass seine Größe gerade in der unaufgelösten Widersprüchlichkeit seines Denkens liege,
dass er gerade, weil er das atomisierte Individuum thematisiert, seinem
Gegenstand in dessen gesellschaftlicher Vermittlung gerecht würde, dies
gilt nach wie vor. Und es gilt auch, weil Freud eine Lücke lässt: Er
setzt seinen Gegenstand als getrennten, als einzelnen voraus. Erst in
der Entfaltung seiner Subjekttheorie zeigt sich, wie es dazu kommen
kann, dass »paradoxerweise«, so Adorno, in den »innersten
psychologischen Zellen« Gesellschaftliches gefunden werde.Kategorienfehler und Kurzschlüsse
Ein anderes Missverständnis bezüglich der Verwendung
der Psychoanalyse ist, dass es ohne weiteres möglich sei, in
gesellschaftskritischer Absicht der individuellen Analyse entnommene
psychoanalytische Kategorien auf Geschichte und Gesellschaft anzuwenden.
Weder ist es möglich – ich wähle zur Verdeutlichung ein extremes
Beispiel aus den siebziger Jahren – etwa die Kategorie des Geldes
logisch und historisch aus dem Analcharakter zu entwickeln, indem dieser
das Individuum betreffende Begriff also auf etwas Gesellschaftliches
angewandt würde, noch lässt sich aus gesellschaftlichen Erfordernissen
die Verfassung der Individuen ableiten. Als Arbeitskraftbehälter und
StaatsbürgerIn zu funktionieren heißt eben noch lange nicht, dies aus
den Gründen zu tun, die Kapital und Staat erfordern. Ebenso sind text-
oder interviewgebundene Fernanalysen à la die Psychoanalyse des islamischen/christlichen/jüdischen
Mannes nicht möglich, genauso wenig wie es Erkenntnisse jenseits der
eigenen Bedürfnisse bringt, prominente Politiker »auf die Couch zu
legen«, so unterhaltsam dies auch im Einzelfall geraten mag.
Psychologie von Kollektiven ist immer Psychologie von Einzelnen im Kollektiv
,
daher ist die Psychoanalyse gesellschaftlicher Massenphänomene keine
Frage der äußerlichen Anwendung von Kategorien auf einen anderen
Gegenstand, sondern das Aufzeigen von Vermittlung: Dass es mit den
Einzelnen in der Masse nicht mehr so weit her ist, zeigt Freud in Massenpsychologie und Ich-Analyse.
Aber auch das zeigt er, indem er ausgehend von den Einzelnen die Dynamik von deren Verschwinden in der Masse entwickelt.
Zwischen der gesellschaftlichen Begründung
subjektiven Verhaltens und dem, was diesem an individuellen Wünschen,
Ängsten, Phantasien und Beschädigungen entgegenkommt, besteht ein
grundsätzliches Verhältnis von Nicht-Identität, eine weitere Lücke. Dies
lässt sich gut nachvollziehen am letzten Teil der Dialektik der Aufklärung, der nicht zuletzt aus diesem Grund Elemente des Antisemitismus heißt:
Die Autoren versuchen nicht, eine umfassende subjektiv-objektive
Theorie des Antisemitismus vorzulegen. Sie beschäftigen sich erst mit
den objektiven Bedingungen
, die Antisemitismus
aus sich heraus immer wieder produzieren, und anschließend mit den
psychischen Bedingungen antisemitischen Ressentiments. Beide Zugänge
werden nebeneinander geführt, sie treffen sich allein im Objekt. In der
Lücke zwischen beiden liegt, negativ allerdings und als Allgemeines
nicht positiv zu fassen, auch die Bedingung der Möglichkeit der
Freiheit. Die Freiheit ist deswegen durch diese Lücke bestimmt, weil das
eine nicht in das andere zu überführen ist: Weil man, so sehr die
Verhältnisse dazu treiben, so beschädigt man auch immer ist, so viel man
auch ins »böse Außen« zu projizieren gezwungen sein mag, noch lange
nicht AntisemitIn sein muss.
Generationen von (antideutschen) Linken haben über den vierten und fünften Abschnitt von Moishe Postones Antisemitismus und Nationalsozialismus
gegrübelt,
einige erschreckt (Rationalisierung des Antisemitismus), einige
erleichtert (Rationalisierung des Antisemitismus). Was Postone anbietet,
ist eine Theorie, in der die »subjektiven Bedingungen« mit der
»objektiven Rationalität« kurzgeschlossen werden. »Meiner Deutung nach«,
so Postone, »wurden die Juden also nicht nur mit dem Geld, das heißt
der Zirkulationssphäre, sondern mit dem Kapitalismus überhaupt gleichgesetzt.« Postone
betont, dass dies nicht bedeute, dass die Juden »bewusst mit der
Wertdimension identifiziert« würden, da es zur Erscheinungsform des
Kapitalismus gehöre, in Abstraktes und Konkretes auseinander zu fallen. »Diese
Realität der Abstraktheit, die nicht nur die Wertdimension in ihrer
Unmittelbarkeit kennzeichnet, sondern auch mittelbar den bürgerlichen
Staat und das Recht, wurde genau mit den Juden identifiziert.«
Postone
bewegt sich allein auf der Ebene der Deutung gesellschaftlicher
Wirklichkeit, die solange notwendig falsch gerät, solange man sie nicht
richtig zu begreifen sucht. Indem er sich nicht dafür interessiert, was
denn beim Einzelnen der von ihm festgestellten Gleichsetzung der Juden
mit dem Kapitalismus entgegenkommt, wird genau die oben angesprochene
Lücke geschlossen: Das Subjektive verschwindet in seiner objektiven
Bedingtheit, Freiheit lässt sich nicht mehr begründen. Dass ein
abstraktes Prinzip der Vergesellschaftung nur durch die Handlungen
Einzelner erscheint, Marx nannte diese kritisch »Charaktermasken«, ist
die Voraussetzung dafür, sich – bleibt dies undurchschaut – ständig auf
die Suche nach Verantwortlichen zu machen, die dann zur Rechenschaft
gezogen werden sollen. Indem die Aussage »die Juden werden mit der
Realität der Abstraktheit identifiziert« zugleich das zu erklären
scheint, was objektiv zum Antisemitismus drängt, als auch das, was
subjektiv dazu hintreibt und nicht darin aufgeht, fallen eben die
subjektiven Bedingungen heraus. Aber nur, wenn beides getrennt bleibt,
kann man noch denken, dass niemand AntisemitIn werden muss, auch wenn
noch so vieles dafür sprechen mag. In der Getrenntheit von subjektiven
Bedingungen und objektiver Irrationalität liegt somit die Bedingung der
Möglichkeit von Kontingenz, und damit von Freiheit.
Die subjektiven Bedingungen
der objektiven Irrationalität
Der historisch erste Einsatz der Psychoanalyse als
Element einer Kritik der Gesellschaft war bedingt durch die Einsicht,
dass die Revolution ausgefallen bzw. misslungen war. Hier begann in den
dreißiger Jahren der Bezug der Mitarbeiter des Frankfurter Instituts für
Sozialforschung auf die Psychoanalyse. Die »subjektiven Bedingungen der
objektiven Irrationalität« sind erst dann etwas, mit dem man sich in
gesellschaftskritischer Hinsicht auseinanderzusetzen hat, wenn
festgestellt werden kann, dass die Menschen sich die Verhältnisse zu
eigen machen, statt sie zu bekämpfen, dass sie eher AntisemitInnen und
NationalsozialistInnen werden, als sich für den »Verein freier Menschen«
einzusetzen. Wenn Adorno feststellt, dass »für die soziale Realität
[...] in der Epoche der Konzentrationslager Kastration
charakteristischer als Konkurrenz«
sei, heißt das auch, dass
Gesellschaft ohne die stets gegenwärtige Drohung von körperlicher Gewalt
und Vernichtung nicht zu verstehen ist. Allerdings hat Adornos
Imperativ, »Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz sich
nicht wiederhole«
, den von Marx, »alle Verhältnisse
abzuschaffen in denen der Mensch ein erniedrigtes usw. Wesen ist«, nicht
abgelöst, beide bedingen einander: Um ersteres zu erreichen, muss man
weiterhin letzteres wollen.
In diesem Sinne zeigt sich heute der Zeitkern der
Frage, die die erste Generation der kritischen Theorie sich mit der
Psychoanalyse stellte: Heute ist nicht mehr zu fragen, warum die
Revolution nicht stattgefunden hat. Das setzte voraus, sich noch
erinnern zu können, dass sie einst, wie Adorno über Marx schrieb, als
»um die nächste Straßenecke liegend antizipiert«
werden
konnte. Heute geht es vielmehr darum, gegen die Macht der Verhältnisse,
gegen die Dummheit der meisten linken Bewegungen, gegen die immer
wieder stattfindende Frustration der Hoffnung (sofern man denn noch
welche hat), den Gedanken am Leben zu erhalten, dass gesellschaftliche
Veränderung noch immer dringend notwendig und nach wie vor möglich ist.
Gegen die enorme Tendenz zur Naturalisierung, sei es
mit Rückgriff auf die evolutionsbiologisch aufgepeppten Märchen von der
guten alten Steinzeit oder auf das Sein, die alles einbegreift und jede
sich auftuende Lücke mit einem zähen Brei von »war schon immer so und
wird daher auch immer bleiben« zustopft, bedarf es der Psychoanalyse als
Anthropologiekritik, als Kritik an Naturalisierung und
Aufklärungsverrat, als Kritik an blinder Fortschrittsgläubigkeit wie
Fortschrittsverleugnung.
Um also den Raum offen zu halten, ein
Jenseits kapitalistischer Vergesellschaftung überhaupt noch denken zu
können, das Licht nicht auszuknipsen, das Adorno zufolge von der
Versöhnung her scheint
, muss man allerdings all die
Phänomene kapitalistischer Vergesellschaftung verstehen, um die zweite
Natur immer wieder als solche kritisieren zu können.
Auch wenn die Psychoanalyse sich mit dem
individuellen wie kollektiven Scheitern dieser Möglichkeit beschäftigt,
ist der Hintergrund immer, dass Freiheit und Vernunft möglich sind. Die
Stimme des Intellekts ist zwar bekanntlich leise, aber Freud schrieb
auch, dass sie sich eines Tages Gehör verschaffen werde und dass man
diesbezüglich optimistisch sein könne.
Psychoanalyse
tritt, der kritischen Theorie ähnlich, für das bürgerliche Subjekt ein,
welches, gerade im Auftauchen begriffen, schon begann unterzugehen. Sie
tritt dafür ein, dass das, was als Möglichkeit in bürgerlicher
Gesellschaft und bürgerlichem Subjekt angelegt ist, sich doch noch
verwirklichen könnte. Das Insistieren auf der Möglichkeit der Freiheit
wird in kritischer Theorie wie Psychoanalyse durch die Darstellung der
Gesellschaft wie des Einzelnen im Stande der Unfreiheit ausgedrückt. Es
handelt sich um die Möglichkeit, dass Aufklärung doch einmal gelingen
könnte, indem sie sich über sich selbst aufklärt. So eröffnet die
Psychoanalyse eben keine Freiheit von Komplexen und Konflikten, wohl
aber eine andere Art damit umzugehen, vielleicht ähnlich dem, was Freud
als Übergang von der endlichen Analyse, der auf der Couch, und der
»unendlichen Analyse« beschrieb: Das Etablieren einer analytischen
Haltung in dem Sinne, dass diese offen ist, bereit, Selbstverständliches
wie Liebgewonnenes in Frage zu stellen. Das ist die Gemeinsamkeit von
kritischer Theorie und Psychoanalyse: Wenn es sein muss, auch
kontrafaktisch auf der Möglichkeit der Freiheit zu beharren. Solange es
noch Menschen gibt, die das wissen könnten, kann man eben nicht wissen,
ob die »Befreiung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit« etc. pp.
gelingen kann oder nicht.
Psychoanalyse als Naturalisierungskritik
Eine weitere Gemeinsamkeit von Psychoanalyse und
Kritischer Theorie ist daher, dass beide sich gegen die individuell wie
gesellschaftlich
gestiftete Tendenz zur
Naturalisierung gesellschaftlicher Verhältnisse wie der Subjektivität
wenden. Beide Ansätze haben ein deterministisches Moment, das sie selbst
in der Durchführung der Theorie überschreiten: Wenn Gesellschaft
objektive Gesetzmäßigkeiten aufweist, dann gelten diese für alle. Alle
müssen dem Wertgesetz gehorchen. An der Kasse nicht zu bezahlen hat
Konsequenzen, und ein Aussteigerleben macht meist auch nicht glücklich
und wird allzu oft mit Regression bezahlt bzw. setzt diese schon voraus.
Freud wiederum sagte von sich, zwar an den »äußeren
(realen) Zufall« zu glauben, »nicht aber an die innere (psychische)
Zufälligkeit«
. Seine Annahme eines »durchgehenden psychischen Determinismus«
bezieht
sich allerdings auf die Rolle der Kindheit im entwickelten Symptom und
gilt solange, bis das Symptom aufhören kann, weil seine Bedeutung
bewusst werden kann, was ja ein Ziel der Analyse darstellt.
Sexualität
Keine Psychoanalyse ohne infantile Sexualität. In
diesem Fall ist Orthodoxie die Avantgarde. Als Faustregel gilt: Immer,
wenn die infantile Sexualität und damit einhergehend die Triebtheorie
relativiert oder als überflüssig erachtet werden, kann man davon
ausgehen, dass man es mit unkritischer Theorie zu tun hat, die das
Psychische entweder komplett zur Natur schlägt oder es in
Gesellschaftliches auflöst. Frühe Beispiele für letzteres sind die
Ansätze von Erich Fromm und Karen Horney, von Adorno deswegen als
»Revisionisten« bezeichnet, da sie die Psychoanalyse im Versuch einer
»Soziologisierung der Psychoanalyse«
genau um das zu bereinigen
versuchten, was ihr gesellschaftskritisches Potential ausmacht, indem
sie eine Lücke schließen: Sie unterschlagen, dass Freud, indem er das
Individuum verabsolutiert, eben keine Anpassungspsychologie entwickelt,
sondern zeigt, wie subjektives Wünschen mit objektivem Sollen in
Konflikt gerät, weil es nicht identisch ist.
Vom psychischen Apparat, wie ihn Freud entworfen
hat, lässt sich erst nachträglich am einzelnen voll ausgebildeten
Apparat sagen, wozu er dient, wie er funktioniert. Anders zum Beispiel
in der Neuropsychoanalyse: Hier dient der gesamte Apparat der
Selbsterhaltung und der Anpassung an eine vorgefundene Umwelt. Probleme,
wie sie etwa im Begriff Triebschicksal gefasst werden – wie der Trieb
zu seinem Objekt findet, ist hier das Resultat einer Geschichte –
stellen sich aus dieser Perspektive nicht.
In der Freudschen Konzeption der infantilen
Sexualität bekommt man es wieder mit einer Lücke zu tun: Weder vom
unbewussten Wunsch noch von der infantilen Sexualität, die,
polymorph-pervers wie sie ist, weder um Realität noch Reproduktion sich
schert, führt ein gerader Weg zur genitalen, zumindest der Möglichkeit
nach zur Arterhaltung beitragenden Sexualität. Freud bezeichnet in den Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie den
Prozess, in dem die zärtliche mit der sinnlichen Strömung, die
kindliche Sexualität mit den Erfordernissen der Arterhaltung
zusammentreten, als »Durchschlagung eines Tunnels von beiden Seiten her«
– ein eher schwieriges Unterfangen. Dass es doch meist zu dem Resultat der so genannten »Normalität des Geschlechtslebens« kommt,
ist kein biologisch determinierter Ablauf, sondern eine Kulturleistung.
»Das Sexualleben umfasst die Funktion der Lustgewinnung aus
Körperzonen, die nachträglich in den Dienst der Fortpflanzung gestellt wird.«Nachträglichkeit
Daher: Keine Psychoanalyse ohne Nachträglichkeit.
Nachträglichkeit heißt, dass »Erfahrungen, Eindrücke, Erinnerungsspuren
[…] später aufgrund neuer Erfahrungen und mit dem Erreichen einer
anderen Entwicklungsstufe umgearbeitet [werden]. Sie erhalten somit
gleichzeitig einen neuen Sinn und eine neue psychische Wirksamkeit.«
Das
heißt, Vergangenheit und Gegenwart bestimmen sich gegenseitig. Wohl
kommt es darauf an, was in der Vergangenheit gewesen ist. Wie dies wirkt
und erinnert werden kann, ist aber auch durch die gegenwärtige Erfahrung bestimmt.
Das Konzept der Nachträglichkeit ist im Umkreis der kritischen Theorie bisher kaum rezipiert worden, was nachzuholen wäre.
Nachträglichkeit
findet sich bei Freud explizit als die Zeit und die Konstitution von
Bedeutung betreffendes Moment in seiner Theorie des Traumas, der
Erinnerung und des Gedächtnisses. Seine ganze Theorie funktioniert im
Modus der Nachträglichkeit als ein auf den Kopf gestellter Kausalismus:
Sowohl vom entwickelten Symptom (klinische Ebene) als auch vom
entwickelten Individuum bzw. entwickelten psychischen Apparat
(subjekttheoretische Ebene) lässt sich immer erst nachträglich sagen,
wie es dazu geworden ist, umgekehrt aber funktioniert es nicht.
Im Kontext der Nachträglichkeit ist auch der
»zweizeitige Ansatz der Sexualentwicklung« zu verorten, der Freud
zufolge die Bedingungen für »die Eignung des Menschen zur Entwicklung
einer höheren Kultur, aber auch für seine Eignung zur Neurose« enthält.
In
der Pubertät wird die durch die Latenzzeit unterbrochene sexuelle
Entwicklung fortgesetzt, das Infantile kommt als Umgearbeitetes zu neuer
Wirkung. Mario Erdheim hat dementsprechend vorgeschlagen, den
»evolutionistischen Begriff« der höheren Kultur durch den der Geschichte
zu ersetzen. Das »Prinzip der Nachträglichkeit« sei es, welches »in der
Adoleszenz dem Determinismus der frühen Kindheit Schranken setzt und
dem historischen Bewusstsein seine Grundstruktur verleiht«
und damit Geschichte möglich macht.
Eingedenken der Natur im Subjekt
Freud lässt die Anfänge des Psychischen mit der
Suche nach Lust beginnen. Von der »Not des Lebens« ist der Apparat, der
mal ein psychischer Apparat sein soll, gezwungen, sich bei dieser Suche
mit der Realität auseinanderzusetzen. Auf diesem Weg sondern sich, so
Freud, Realität und Phantasie, Innen und Außen, Primär- und
Sekundärprozess, Eigenes und Fremdes, Ich und der Andere usw. ab. Alle
diese Paare haben gemeinsam, dass sie für den Apparat nicht
vorausgesetzt sind. Was Freud an den Anfang setzt, ist allein die Suche
nach Lust und die durch den Körper gesetzte Nötigung, dies in
Auseinandersetzung mit der Realität zu betreiben.
Dieser Anfang ist
kein Ursprung, aus ihm lässt sich nicht ableiten, was aus dieser
Konstellation werden wird. Wie Marx feststellte, lässt sich zwar vom
Menschen auf den Affen schließen
, umgekehrt aber
funktioniert es nicht. Genauso ist es mit dem psychischen Apparat: Freud
ging vom Traum aus und entwarf dann einen Apparat, von dem er annehmen
konnte, dass dieser träumen können würde.
Die Psychoanalyse Freuds ist eine Kritik jeglicher
Anthropologie, weil sich immer erst nachträglich am Konkreten zeigen
wird, was aus dem anfänglich gesetzten Konflikt aus Wunsch und Lebensnot
geworden ist; weil die Zukunft (individuell und gattungsgeschichtlich)
offen ist; weil es weder das Sein ist, das in uns west, noch die Sprache
ist, die uns spricht, sondern das Unbewusste wie das, was bewusst sein
kann, aus dem Auseinandertreten von Lust- und Realitätsprinzip und den
daraus folgenden Verschränkungen und Entbindungen resultieren. Nur
rückwärts, ausgehend von konkreten Individuen in einer konkreten
gesellschaftlichen Situation, lässt sich Entwicklung aufschlüsseln.
Menschliche Natur wird nicht positiv gefasst. Die Psychoanalyse »in ihrer strengen Freudischen Gestalt«
ist auch deswegen »Eingedenken der Natur im Subjekt«
,
da Natur darin aufgehoben ist. Wenn man sie aber als Psychisches zu
fassen bekommt, ist sie immer schon etwas anderes als nur Natur.
Bezeichnenderweise sprach Freud vom »Kulturprozess«
.
Kultur als Prozess zu verstehen, bedeutet, dass sie immer
wiederhergestellt werden muss, worauf sowohl Freud als auch Horkheimer
und Adornos hinweisen
,
und sich dabei zumindest potentiell ständig verändern kann. Das heißt
aber auch, und das zeigt die Geschichte, dass man sich ihrer nie sicher
sein kann, dass sie nicht als Besitz funktioniert.
Christine Kirchhoff
Die Autorin ist promovierte Psychologin und lebt in Berlin.
Fußnoten
- Peter Schneider, Freuds konkrete Atopie. Über die Ortlosigkeit des psychoanalytischen Gegenstandes, in: Beat Sitter-Liver (Hrsg.), Utopie Heute II, Fribourg/Stuttgart 2007, 205–221, hier 207, Fußnote.
- Vgl. Ders., Psychoanalyse und Neurowissenschaft: Inkompatibilität!, in: Heinz Böker (Hrsg.), Psychoanalyse und Psychiatrie. Geschichte, Krankheitsmodelle und Therapiepraxis, Heidelberg/New York 2005, 293-299, hier 298.
- Bei Freud heißt es dazu wie folgt: Angesichts der Genitalien eines kleinen Mädchens konstatiere der Knabe »nicht etwa das Fehlen des Gliedes, sondern sagt regelmäßig, wie tröstend und vermittelnd: der [...] ist aber noch klein, nun wenn sie größer wird, wird er schon wachsen«. Sigmund Freud, Über infantile Sexualtheorien, in: Gesammelte Werke 7, Frankfurt a.M. 1999, 178.
- Theodor W. Adorno, Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit, in: Ders., Gesammelte Schriften 10.2, Frankfurt a.M. 1999, 169f
- Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, in: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften 5, Frankfurt a.M. 1987, 238.
- Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Band 1, Berlin 1976, 385.
- »Theorie wird vorausgesetzt und benutzt, um sie in ihrer gegenwärtigen Gestalt abzuschaffen. Das Ideal ihrer veränderten wäre ihr erlöschen.« Theodor W. Adorno, Vorlesung über Negative Dialektik, Frankfurt a.M. 2003, 239.
- Technik darf es hier nicht heißen, da sonst verkannt wird, dass die Form der Technik eben den Produktionsverhältnissen geschuldet ist und dass Technik an sich eine feine Sache ist und noch viel mehr sein könnte, diente sie nicht den Erfordernissen der Kapitalverwertung.
- Zum Erfahrungsbegriff Adornos siehe: Christine Kirchhoff, Die Wirklichkeit als eine der Möglichkeit fassen. Zum Erfahrungsbegriff Adornos, in: Christine Kirchhoff, Lars Meyer u.a. (Hrsg.), Gesellschaft als Verkehrung. Perspektiven einer neuen Marxlektüre, Freiburg 2004, 83–103.
- Horkheimer an Adorno am 8.12.1936, zitiert nach: Rolf Wiggershaus, Die Frankfurter Schule, München/Wien 1986, 185.
- Theodor W. Adorno, Minima Moralia, in: Ders., Gesammelte Schriften 4, Frankfurt a.M. 1997, 123.
- Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, in: Gesammelte Schriften 6, Frankfurt a.M. 1997, 399. Jegliche Theorie ist in diesem Sinne eine Rationalisierung, was aber nichts über ihren Wahrheitsgehalt aussagt und theoretisches Denken auch nicht allgemein unter Pathologieverdacht stellt. Letzteres bestimmt sich über die individuelle Bedeutung (etwa, wenn Theorie in erster Linie als Rationalisierung anders verorteter individueller Konflikte gebraucht wird), ersteres über den Inhalt: So ist auch eine antisemitische Weltverschwörungstheorie eine Rationalisierung, welche zuallererst dazu dient, dass die entsprechenden Regungen vom Ich durchgelassen werden können.
- »Marx war zu harmlos, er hat sich wahrscheinlich naiv vorgestellt, dass die Menschen im Grunde wesentlich identisch sind und bleiben. Dass es dann gut wird, wenn man nur die schlechte zweite Natur von ihnen nimmt. Er hat sich nicht um die Subjektivität gekümmert, er wollte das nicht so genau wissen.« So Adorno in einer Diskussion mit Horkheimer am 31. 03. 1965, in: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften 19, Frankfurt a.M. 1996, 71.
- Theodor W. Adorno, Zum Verhältnis von Soziologie und Psychologie, in: Ders. Gesammelte Schriften 6, Frankfurt a.M. 1997, 42.
- Stellvertretend für die von postmodernen Autoren betriebene Psychoanalytisierung der Textarbeit sei hier auf Derridas Marx’ Gespenster verwiesen: Derrida demonstriert hier, vielleicht unfreiwillig, was passiert, wenn man die psychoanalytische Methode verabsolutiert, indem man mit dem Text umgeht, als ob er ein Traum sei, indem man das durch die Traumarbeit (Verschiebung und Verdichtung, etc.) entstellte zu übersetzen versucht: an den Rändern und Nebensächlichkeiten entlang, assoziativ, dezidiert anti-logisch (was nichts mit dialektisch zu tun hat), an der Eigenständigkeit des Sekundärprozesshaften und seines Objektes vorbei lesend. Vgl. Jacques Derrida, Marx’ Gespenster, Frankfurt a.M., 2004.
- Vgl. Theodor W. Adorno, Die revidierte Psychoanalyse, in: Ders., Gesammelte Schriften, Bd. 8, Frankfurt a.M. 1952, 40.
- Theodor W. Adorno, Postscriptum, in: Ders., Gesammelte Schriften 8, Frankfurt a.M. 1997, 88.
- Vgl. Hans-Joachim Busch, Subjektivität in der spätmodernen Gesellschaft, Weilerswist 2001, 163f.
- Sigmund Freud, Massenpsychologie und Ich-Analyse, in: Ders., Gesammelte Werke 13, Frankfurt a.M. 1999, 73–161.
- »Der bürgerliche Antisemitismus hat einen spezifischen ökonomischen Grund: die Verkleidung der Herrschaft in Produktion« (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, 202).
- Moishe Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, in: Initiative Kritische Geschichtspolitik (Hrsg.), Deutschland, die Linke und der Holocaust. Politische Interventionen, Freiburg 2005, 165-194. Hier zitiert nach dem pdf, herunterzuladen auf der Seite von ça ira: http://www.ca-ira.net/verlag/leseproben/postone-deutschland_lp.html, 17.11.11
- Wie etwa bei Horkheimer und Adorno in der Dialektik der Aufklärung (vgl. Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, 204.)
- Wie etwa bei Horkheimer und Adorno in der Dialektik der Aufklärung (vgl. Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, 204.)
- Ebd., 12.
- Ebd.
- Adorno, Die revidierte Psychoanalyse, 32.
- Adorno, Negative Dialektik, 358.
- Adorno, Vorlesung über Negative Dialektik, 68.
- Mit Aufklärungsverrat ist hier gemeint, dass FreundInnen des biologistischen Reduktionismus auf der einen Seite und FreundInnen postmodernen Differenzeneinheitsbreis auf der anderen Seite gemeinsam haben, nicht dialektisch denken zu können oder zu wollen und stattdessen hin- und herfallen zwischen einer generellen Fortschrittsgläubigkeit und Fortschrittsfeindschaft. Dabei entgeht einem zwangsläufig der Gedanke, dass selbst Fortschrittskritik noch Fortschritt sein kann. Zumindest in (links)intellektuellen Kreisen oder Diskussionen ist das Problem heutzutage allerdings nicht in erster Linie Fortschrittsgläubigkeit sondern Fortschrittsfeindschaft. Schon der Gedanke daran, dass es einmal anders sein könnte, steht unter Teleologieverdacht. Als ob das Ende des Kapitalismus kein Fortschritt wäre.
- »Ein jedes Geistiges hat seine Wahrheit an der Kraft der Utopie, die durch es hindurchleuchtet. Nur wenn die Menschheit, um zu überleben, die Utopie sich nicht länger mehr verbietet, sondern dessen inne wird, daß Überleben selber heute mit der Verwirklichung der Utopie eines Sinnes ward, dann wird auch die Starre des Geistes sich lösen – nicht etwa durch seine bloße Anstrengung oder die Verfeinerung seiner Mittel.« Theodor W. Adorno, Die auferstandene Kultur, in: Ders., Gesammelte Schriften 20.2, Frankfurt a.M. 1997, 462f.
- »[...] die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör geschafft hat. Am Ende, nach unzählig oft wiederholten Abweisungen, findet sie es doch. Dies ist einer der wenigen Punkte, in denen man für die Zukunft der Menschheit optimistisch sein darf «. Sigmund Freud, Die Zukunft einer Illusion, in: Ders., Gesammelte Werke 14, Frankfurt a.M. 1999, 377.
- Auch hier handelt es sich wieder um ein Verhältnis der Nicht-Identität: Was im psychologischen Sinne an Naturalisierung attraktiv sein mag, im Sinne von Wunsch und Abwehr, ist nicht deren gesellschaftliche Funktion und umgekehrt.
- Sigmund Freud, Zur Psychopathologie des Alltagslebens, in: Ders., Gesammelte Werke 4, Frankfurt a.M. 1999, 286.
- Ebd. 288.
- Adorno, Die revidierte Psychoanalyse, 20.
- »Die Revisionisten brauchen nur die praktisch-realistische Seite der Freudschen Konzeption zu isolieren und die psychoanalytische Methode ohne jeden Vorbehalt in den Dienst der Anpassung zu stellen, um zugleich sich als die Vollstrecker der Freudschen Intentionen zu fühlen und ihnen das Rückgrat zu brechen.« Adorno, Die revidierte Psychoanalyse, 40.
- Freud, Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, 108.
- Ebd.
- Sigmund Freud, Abriß der Psychoanalyse, in: Ders., Gesammelte Werke 17, Frankfurt a.M., 75, [Herv. Ch. K.]
- Jean Laplanche/Jean-Bertrand Pontalis, Das Vokabular der Psychoanalyse, Frankfurt a.M. 1967, 313.
- In Ausführlichkeit zur Nachträglichkeit, auch in Hinsicht auf die kritische Theorie: Christine Kirchhoff, Das psychoanalytische Konzept der »Nachträglichkeit«. Zeit, Bedeutung und die Anfänge des Psychischen, Gießen 2009.
- Sigmund Freud, Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, in: Ders., Gesammelte Werke 5, Frankfurt a.M., 135.
- Mario Erdheim, Zur psychoanalytischen Konstruktion des historischen Bewusstseins, in: Jörn Rüsen/Jürgen Straub (Hrsg.), Die dunkle Spur der Vergangenheit, Frankfurt a.M. 1998, 176.
- Ebd.
- Vgl. Sigmund Freud, Entwurf einer Psychologie, in: Ders., Gesammelte Werke Nachtragsband, Frankfurt a.M. 1999, sowie: Sigmund Freud, Die Traumdeutung (siebtes Kapitel), in: Ders., Gesammelte Werke 2/3, Frankfurt a.M. 1999.
- »Die Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen. Die Andeutungen auf Höheres in den untergeordneten Tierarten können dagegen nur verstanden werden, wenn das Höhere selbst schon bekannt ist.« Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke 42, Berlin 1983, 39.
- Theodor W. Adorno, Freud in der Gegenwart, in: Ders., Gesammelte Schriften 20.2, Frankfurt a.M. 1957, 646.
- Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, 66.
- Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur, in: Ders., Gesammelte Werke 14, Frankfurt a.M. 1999, 449.
- »Wir glauben, die Kultur ist unter dem Antrieb der Lebensnot auf Kosten der Triebbefriedigung geschaffen worden, und sie wird zum großen Teil immer wieder von Neuem geschaffen, indem der Einzelne, der neu in die menschliche Gemeinschaft eintritt, die Opfer an Triebbefriedigung zu Gunsten des Ganzen wiederholt.« Sigmund Freud, Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: Ders., Gesammelte Werke 11, Frankfurt a.M. 1999, 15f. »Furchtbares hat die Menschheit sich antun müssen, bis das Selbst, der identische, zweckgerichte, männliche Charakter des Menschen geschaffen war, und etwas davon wird in jeder Kindheit wiederholt.« Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, 50.
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